Der ehemalige "Pfauenhof"

„Wo sind die Neusser-Gaststätten geblieben?“

Erinnerungen an den längst abgerissenen
P
fauenhof an der Hammerlandstraße

"Bee Dickmanns"

 

 

Der ehemalige Pfauenhof an der Hammerlandstraße

Die Geschichte begann mit dem Ziegeleibesitzer Heinrich Dickmann, den die Stadt in den 1890er Jahren zum Wiesenaufseher bestellte. Wiesen, amtlich Neusser Wiese, das war der uralte städtische Landbesitz zwischen Stadt und Rhein, die umfang- und ertragreiche Grundlage für den seinerzeit noch ausgedehnten Neusser Viehhandel und die weit bekannten Viehmärkte.

 

Helene Blinken vor dem Eingang

Laut Kataster lagen die Wiesen in der Sektion E, die den gesamten außerstädtischen Bereich im Osten und Südende Stadt umfasste, vom städtischen Schlachthaus vor dem Hessentor mit der Hausnummer E1 bis hin an die Erft über Schloss Selikum hinaus, das die Hausnummer E 155 führte.

Eines Tages wurde Dickmann das Lehmstechen und Ziegelbacken leid. Im Sommer 1899 zog er, immer noch Wiesenaufseher, ins stadteigene Haus E 7, wo er fortan mit einer Molkerei für tägliche Frischmilch sorgte, und die Neusser mit einer Gartenwirtschaft ins Freie lockte.

 

„Bee Dickmanns op de Weid“ wurde zum geflügelten Wort für die einsame Lage, in der es nur vier Nachbarn gab, den Fährmann der Hammer Pont, der vor dem Rheindeich wohnte und auch eine kleine Kneipe unterhielt, die Ziegelei von Neidhöfer, die Dampfziegelei von Heinrich Sels und die Sauerkrautfabrik der Familie Derendorf.

Daran änderte sich auch nichts, als der Neusser Stadtrat im Jahre 1906 dem „Communalweg nach dem Rhein“ einen richtigen Namen gab und in der Dickmann nun Hammer Landstraße Nr. 101 wohnte. Heinrich Dickmann hat sein Geschäft verstanden. Seine Gartenwirtschaft entwickelte sich zu einem viel besuchten Ausflugslokal erster Güte und was er zu bieten hatte, tat er der Öffentlichkeit mit einer vielsagenden Anzeige kund.

 

 

Neusser Ausflugslokal

Mitte Februar 1920 verließ die Familie Dickmann den Hof unter dramatischen Umständen.

Ein Jahrhundert-Hochwasser drohte und der Nachfolger, der städtische Polizeioberwachtmeister a. D., Heinrich Freyenberg war eben eingezogen, als der Scheibendamm brach, die reißenden Fluten das ganze Gebiet zwischen Grimmlinghausen und Hafenmündung überschwemmten und alle Bewohner in Sicherheit gebracht werden mussten.

Nach Rückgang der Fluten räumten die Freyenbergs auf, sie ließen die Gartenwirtschaft wiedererstehen und die Neusser blieben ihnen treu.

 

 

Die Walnussbäume standen noch rund ums Haus, und die Ernte – die böse Buben nicht mit dem Knüppel herunterholten – wurde immer noch von der Stadt meistbietend versteigert. Die Bäume waren nummeriert und wurden auch verpachtet. Berittene Polizei (so auch Frankens Fuss), die auf dem Viehhof stationiert war und ihre Ausritte im Hammfeld machten, achtete darauf, dass nicht zu viel durch „gewollten“ Zufall herunterfiel.

Auch die Bauern von Kappes Hamm, die im Hammfeld ihre Äcker und die Spaziergänger, die mit der Pont über den Rhein gefahren waren, kamen immer noch vorbei, bis die Fähre eingestellt und das Deichtor anno 1929 dichtgemacht wurde nachdem die neue Straßenbrücke, die Südbrücke, am 12. Oktober dem Verkehr übergeben worden war.

Genau drei Tage später begann an der Hammer Landstraße die Ära Blinken, als der 39 jährige Engelbert Blinken und seine Ehefrau Helene die historische Stätte in ihre Obhut nahmen. Sie führten sie bei bleibender Beliebtheit weiter, hielten sie durch Not- und Kriegsjahre, und erwarben schließlich nach dem Krieg das immer noch in städtischem Besitz befindliche Anwesen.

Eine neue Nachbarschaft siedelte sich an, die Interessengemeinschaft der Nutz- und Schweinehändler und die Niederrheinische Blumenversteigerung.

Durch den II. Weltkrieg wurde der Hof schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ein Bombenteppich, der die nahe gelegene Flakstellung treffen sollte, verwandelte die umliegenden Felder zwischen Sporthafen und Hammer Brücke in eine Kraterlandschaft.

Nach dem Abzug der deutschen Soldaten quartierte sich die amerikanische Armee ein.

Wer für die größeren Zerstörungen am Gebäude verantwortlich war, Bombenteppich oder Besatzungssoldaten, ließ sich nicht mehr feststellen. Bei ihrem Abzug hinterließen sie in der Küche eine halbe geschlachtete Kuh, die durch den Madenbefall schon wieder beweglich war.

Zusammen mit seiner Ehefrau Elfriede übernahm Walter Blinken das Lokal 1954 von seinen Eltern und machte es für viele Jahre zum beliebtesten Neusser Naherholungsziel.

Zu einer Zeit, als die Gerichte in den Restaurants zum großen Teil aus Konservendosen stammten, wurde bei Elfriede immer frisch gekocht. Neben den Rennern, Schnitzel mit Kartoffelsalat, Schweinebraten und Rouladen, gab es zum Kaffee auch eine ostpreußische Spezialität, die „Prillekes“, ein Schmalzgebäck, dessen Rezept ihr ein Tierarzt aus Ostpreußen verraten hatte.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass Walter fast aktiver Hubertusschütze geworden wäre, fast. Zu seinen Stammgästen gehörte auch unser damaliger Major Bruno Kistler.

Als Mann der Tat setzte er nicht auf Überredungskunst, sondern brachte gleich die passende Uniform für Walter Blinken mit. Aber der Betrieb ging vor. Walter blieb als Schütze passiv, als Wirt aktiv und die Neusser behielten ihr Ausflugslokal.


Aufnahmeantrag Walter Blinken vom 4.Januar 1953. Eintrittsnummer 28, da schreibt er als Beruf “Bauingenieur bei Raebel Werke”.

 

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Kinderbelustigung im Pfauenhof

Der Pfauenhof lag nicht weit entfernt vom „Neusser Strandbad“, ein schöner Sandstrand nördlich der Hammer Eisenbahnbrücke. Der Weg dorthin verlief damals über die schattige Hammer Landstraße, die rechts und links von Nussbäumen gesäumt war.

Auf dem Rückweg vom Strandbad wurde im „Pfauenhof“ bei Blinken“ geschaukelt und anschließend “Zitschwasser“ (Selterswasser) getrunken, wenn das mitgebrachte „Koletschwasser“ (Lakritzwasser) „alle“ war.

Die Tanzfläche im Garten war noch nichts für die Kleinen. Die Seilbahn, das Rundkarussell und die Kinderschaukeln waren ihre Attraktionen.

 

 

Ein Bild vom Karussell im Garten des Pfauenhofs 1962

 

Quelle: Norbert Meyer aus der Hubertuszeitung/ Ausgabe 1 - März 2010

 

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