Neusser Ringerlegende Jakob Koch

 

Ein Rückblick auf das Leben des Neusser Ringer und ehemaligen Weltmeister Jakob Koch. Verfasser des Artikels Redakteur Sebastian Ley vom Top Magazin und Horst Faller, Mitglied im Ringen World-Wrestling

 

Es ist eine Reise in ein vergangenes Zeitalter: Deutschland war eine Monarchie, einen Weltkrieg hatte es noch nicht gegeben und Fußball, die heutige Sportart Nr. 1, war noch verpönt. Sportliche Superstars gab es trotzdem – und einer davon kam aus Neuss.

 

Jakob Koch, 1,80 Meter mit einem Kampfgewicht von 110 Kilo und Kaiser-Wilhelm-Schnauzer dominierte die deutsche Ringerszene Anfang des 20. Jahrhunderts.

Und nicht nur das: Zweimal konnte er auch den Weltmeistertitel erringen, ebenfalls zweimal den Europameistertitel.

 

Wer nach olympischem Edelmetall fragt, muss sich schnell eines Besseren belehren lassen: Denn Koch – einst auf dem Titel der Illustrierten Athletik-Zeitung als „rheinischer Meisterringer“ bezeichnet – war schon seit 1898 kein Amateur mehr, sondern hochbezahlter Profisportler.

 

Er selber schrieb dazu: „Den schweren Schritt zur berufsmäßigen Ringerlaufbahn unternahm ich im Jahr 1898. Es war ein schweres Brot, das seinen Mann kärglich ernährte.“

 

Allerdings sollte sich der Schritt ins Profitum für ihn am Ende lohnen.

„Er ging als bettelarmer Mann nach Berlin, und kam steinreich in seine Heimatstadt Neuss zurück“, sagt Horst Faller, selber jahrzehntelang internationaler Ringkampfrichter und Jakob-Koch-Forscher.

Wenn Faller „steinreich“ sagt, dann ist das keine Übertreibung: Als angestellter Ringer im Circus Busch soll Koch 10.000 Goldmark verdient haben. Das entspricht einer heutigen Kaufkraft von rund 50.000 Euro! Ein echter Superstar.

Den Circus Busch darf man sich nicht wie einen heutigen Zirkus vorstellen.

 

Die Shows fanden nicht in einem provisorischen Zirkuszelt statt, sondern in einem steinernen Sportpalast, der mehrere tausend Besucher fasste.

 

Besucher kamen aus allen Schichten – selbst die kaiserliche Familie besuchte den Circus Busch, um spektakuläre Darbietungen wie Tierspektakel, artistische Sensationen, Zurschaustellen wissenschaftlicher Erfindungen oder eben das Ringen zu sehen.

 

Ein echtes Megaevent war der „Jahrhundertkampf“ Jakob Koch gegen Heinrich Eberle im Jahr 1903.

 

Ein Kampf, bei dem Koch gegen den Favoriten gewann, was ungeheuren Tumult in dem aus allen Nähten platzenden Zirkus Gebäude auslöste und Koch (falsche) Beschuldigungen wegen „Schiebung“ einbrachte.

 

Aber fangen wir von vorne an: Jakob Koch stammt vom Neusser Glockhammer, aus bescheidenen Verhältnissen; sein Vater war Korbmacher. Sein erster Sportverein war der Vorläufer der heutigen TG Neuss, der Neusser Turnverein Neuss von 1848.

Dort betrieb er Turnen und Gewichtheben genauso wie das Ringen. Als Turnwart beschwerte er sich etwa über die Trainingsfaulheit seiner Schützlinge – ein Ärger, der so weit ging, dass er seinen eigenen Verein gründete.

Überliefert ist heute noch das damalige Schreiben:
„Nachdem ich vor ca. drei Monaten die Leitung als Turnwart übernommen habe, muss ich leider feststellen, dass die Genossen höchst mangelhaft die Turnstunden besuchen und darauf die Turnerei sehr darnieder liegt.“

Koch muss sich zum Übungsleiter berufen gefühlt haben – davon zeugt nicht nur seine konsequente Haltung in Sachen Trainingsdisziplin, sondern auch die Tatsache, dass er ein eigenes „Lehrbuch des Ringkampfs“ veröffentlichte.

 

Zeitlebens fühlte sich Koch als Neusser – in jedem Zeitungsbericht liest man von seiner Heimatstadt Neuss am Rhein. Umso enttäuschter muss er im Jahr 1903 gewesen sein, als das Komitee des Neusser Bürger-Schützenvereins dem berühmtesten Sohn der Stadt und Ring-Weltmeister verwehrte, auf den Königsvogel zu schießen:

„Er sei in Berlin gemeldet, könne als Nicht-Neusser kein Schützenkönig werden“.

Den Ärger darüber muss er in den folgenden Jahren wieder auf der Matte in positive Energie umgewandelt haben. Ein Jahr später holte er seinen zweiten Weltmeistertitel, dann folgte der zweite Europameistertitel.

Mit der Benennung der Straße am Sportgelände „Südpark“ in Reuschenberg in Jakob-Koch-Straße setzten ihm die Neusser 2009, also mehr als hundert Jahre später, ein Denkmal.

Die Show und der Sport bestimmten sein Leben offensichtlich bis in die Familie hinein: Verheiratet war er mit der Artistin Helen Bernitt aus Berlin. Mit ihr zog er um 1910 wieder zurück ins beschauliche Neuss.

Seine Pläne, sich als Geschäftsmann zu betätigen, konnte er aber nicht lange in die Realität umsetzen: Er wurde in den Ersten Weltkrieg eingezogen. Als Koch zurückkehrte, war er nicht mehr derselbe.

Er verstarb 1918, wahrscheinlich an den Folgen der Spanischen Grippe, wie Koch-Forscher Horst Faller vermutet.

 

Es bleibt die Erinnerung an eine außergewöhnliche Persönlichkeit, vielleicht den bekanntesten Neusser aller Zeiten. Und es bleiben Anekdoten aus seinen Neusser Anfangsjahren, wie etwa die von der Kirmes-Box Bude.

 

Freunde sollen ihn in der Bude angemeldet haben, deren Schreier mit markigen Sprüchen und Beleidigungen auf sich aufmerksam machten. „Komm, den Prahlhans musst du aufs Kreuz legen“, soll ein Freund gesagt haben – und genau das tat Koch dann auch, nur um das Preisgeld von 200 Mark sozialen Zwecken zu stiften.

Oder die Geschichte, als er als Teenager beim „Äpfel klauen“ erwischt wurde und sich einen Ringkampf mit dem Bauern lieferte.

„Es wird wohl niemanden mehr aus Neuss geben, der so populär in seinem Sport ist“, sagt Faller etwas wehmütig. Das mag stimmen – umso wichtiger ist es, dieses Idol aus früheren Tagen in Erinnerung zu behalten.

 

Mit freundlicher Unterstützung von Redakteur Sebastian Ley vom Top Magazin
und Horst Faller.

 

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Jakob Koch eine „Neusser Ringerlegende“, der die Sportwelt eroberte!
Ein virtueller Rundgang aus dem Leben eines großen Neusser Sportlers.

 

Bildergalerie Jakob Koch

 

 

Errungene Medaillen der Neusser Ringerlegende Jakob "Kochse Kobes" Koch.

 

Medaillen

 

 

Jakob Koch: Der stärkste Mann der Welt aus Neuss
Im Jahr des 150. Geburtstages des Neusser Ringers Jakob Koch (1870–1918), Weltmeister in den Jahren 1902 und 1904, erhält das Stadtarchiv Neuss einen wertvollen Neuzugang zur Sporthistorie.

Horst Faller, selber Ringer, international geehrter Kampfrichter und Jakob-Koch-Kenner übergab nun seine wertvolle Jakob-Koch-Sammlung mit Bildern, Dokumenten und Erinnerungstücken dem Stadtarchiv Neuss zur dauerhaften Sicherung.

„Jakob Koch war zu seinen aktiven Zeiten der bekannteste Sportler Deutschlands, wenn nicht der Welt“ stellt der Experte fest.

 

Die Übergabe im Stadtarchiv Neuss

Foto: Andreas Woitschützke 

 

Horst Faller, links, im Stadtarchiv bei der Übergabe der Informationen/Objekte des Ringers Jakob (Köbes) Koch an Dr. Jens Metzdorf

 

Über 50 Jahre lang baute Faller seine Sammlung zum Schwergewichtsringer Koch auf, der am 12. April 1870 am Glockhammer in Neuss geboren wurde und auf dem Hauptfriedhof beerdigt ist.

Die vielfältige Sammlung dokumentiert das außergewöhnliche Leben des Neusser Sportlers. Die Unterlagen stellen eine wertvolle Ergänzung der Neusser Sportgeschichte dar.

Nach einer archivfachlichen Bearbeitung werden die Unterlagen allen Interessenten im Lesesaal des Stadtarchivs zur Einsichtnahme zur Verfügung stehen.

 


 

Einweihung der Jakob-Koch-Straße

 

Im Jahr 2009 wurde auf Horst Fallers Initiative bereits eine Straße am Südpark in Reuschenberg nach dem weltbekannten Neusser Ringer benannt.

 

 

Grabstätte auf dem Neusser Hauptfriedhof

 

Jakob "Kochse Kobes" Koch

(* 12. April 1870 in Neuss; 19. Februar 1918)

 

 

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