Die Archäologie in Neuss

Funde am Hamtor


 

Die neu aufgedeckten Befunde erlauben detaillierte Erkenntnisse über den mittelalterlichen Aus- und Umbau der Neusser Stadtmauer.

Wie in anderen rheinischen Städten musste auch in Neuss der Verteidigungsring jeweils den neuesten militärischen Herausforderungen und Belagerungstechniken angepasst werden.

Bereits um 1200 wurde an der Westseite der mittelalterlichen Stadt, dem heutigen Hamtorwall, mit dem Bau des Stadtmauerrings begonnen.

Bei der Mauer handelte es sich zunächst nur um eine rund ein Meter dicke Gussmauer, bestehend aus zwei Tuffschalen, in deren Zwischenraum Kiesel und Trasskalk gefüllt worden waren.

Fundamentreste eines knapp 4m breiten Dreimauertores aus dieser ältesten Bauphase haben sich am stadtseitigen Rand des Hamtores erhalten.

Diese einfache Gussmauer entsprach Mitte des 13. Jahrhunderts schon nicht mehr dem neuesten Stand. Konrad von Hochstaden, der Kölner Erzbischof und Stadtherr von Neuss, betrieb daher systematisch den Ausbau der Stadtbefestigung.

An der Westseite wurde damals an die ältere Gussmauer stadtseitig ein auf Bögen gestützter Wehrgang angefügt die Mauerbögen wurden aus wechselnden Lagen von Tuffen und Basalten errichtet, dabei aber nachlässigerweise nicht fundamentiert.

Zwei der Wehrgängbögen sind heute noch unmittelbar nördlich des Hamtores und vor dem Hamtorhotel in voller Höhe erhalten.

In der gleichen Zeit wie die Wehrgangbögen entstand auch das Hamtor, dessen Aussehen uns vom Kupferstich von Braun und Hogenberg von 1586 überliefert ist.

Der Stich zeigt ein zweigeschossiges Haustor mit einem großen Rundbogenportal und einem seitlichen Zugang zu einer innen liegenden Treppe.

Die neuesten archäologischen Untersuchungen erbrachten, dass das rund 16,5m lange und 9m breite Tor in zwei Torkammern unterteilt war. Analog zu den Wehrgangbögen bestand auch das Hamtor aus Basalten und Tuffen.

Im 14. Jahrhundert, als zu befürchten stand, dass Unterminierungstrupps unter den nicht fundamentierten Wehrgangbögen eindringen könnten, waren neue Ausbauarbeiten nötig.

So wurde an der Westseite der Stadt im Abstand von rund 16m vor der älteren Stadtmauer ein drei Meter tief fundamentierter, zweiter Mauerring errichtet.

Diese parallel verlaufende Mauer ist im archäologischen Befund zwei Meter dick und besteht aus Feldbrandziegeln und Basalten. Der unlängst am Wierstraetweg unterhalb des Parkplatzes gelegene Schalenturm befindet sich in der Fluchtlinie dieser äußeren Mauer.

Im Laufe des 14. Jahrhunderts wurde das Hamtor feldseitig über den Stadtgraben hinaus mit einem zwingerartigen Vorbau verlängert; vermutlich wurde in dieser Zeit auch der auf dem Stich von Braun und Hogenberg dargestellte hohe Turm an der Südseite des Tores ausgeführt.

Reste des zwingerartigen Vorbaus, der Hamei, wurden jenseits des Grabens unmittelbar vor der Gaststätte Drusushof in drei Metern Tiefe beim Kanalbau angeschnitten.

Das Hamtor hatte im hohen Mittelalter eine wichtige Bedeutung, denn ein Teil des Fernhandels nach Nordwesten, nach Flandern und Brabant lief über dieses Tor in die heutige Büttger Straße, eine alte, schon seit römischer Zeit bestehende Wegeverbindung.

Im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit verlor das Tor an Bedeutung, denn der Warenverkehr in Richtung Westen wurde nun über das Zolltor abgefertigt.

Das Hamtor war nur in der Erntezeit oder zu bestimmten Tagen geöffnet, um den Ackerbürgern Zugang zu ihren Feldern zu verschaffen. Im Jahr 1845 wurde das baufällige Hamtor mitsamt dem anschließenden Pförtnerhaus abgerissen.

Die südlich angrenzende Wallanlage wurde mit Wohnhäusern und dem Arresthaus bebaut.

 

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Funde am Hamtor

 

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