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Die Geschichte unserer Stadt
Die Belagerung der Stadt Neuss 1474-1475
In der Mitte des Jahres 1474 entsandte Karl der Kühne einen Herold nach Neuss mit dem Auftrag, die Neusser zu einer widerstandslosen Stadtübergabe zu bewegen. Ohne Erfolg jedoch! Bald darauf, am 29. Juli 1474, zieht Karl mit seinem burgundischen Heer und verbündeten Truppen, wie z.B. den Lombarden, vor der Stadt auf. Wenige Tage später stürmen die Neusser bereits gegen das Burgunderheer an und bringen ihm erste empfindliche Verluste bei.
Nach einem ersten, misslungenen Versuch der Lombarden, die der Stadt vorgelagerten Insel Waidt, ohne Schiffe zu besetzen, gelingt es am 6. August 1474 doch noch. Jedoch wird sie noch am selben Tag von den Neussern zurückerobert.
Am 9. August 1474 machen die Neusser einen Ausfall durch das Zolltor und am 11. August 1474 besetzen die Belagerer erneut die Insel Waidt und schließen somit den Belagerungsring.
Die Tage darauf versuchen die Burgunder ohne Erfolg alle Wasserzuflüsse zur Stadt zu sperren oder abzuleiten, bauen aber zwei Brücken über die Erft. Außerdem bringen sie ihre Artillerie in Stellung und beginnen damit, die Stadt systematisch zu beschießen.
Dabei werden die Vorbauten des Niedertores und des Rheintores zerstört.
Das Obertor und das Rheintor werden von den Burgundern am 10. September 1474 angegriffen. Vier Tage später halten die Neusser eine Bittprozession durch die Stadt ab, bei der sie den Schrein des Sankt Quirinus, ihres Stadtheiligen, durch die Straßen tragen.
Am 29. September 1474 erbeuten die Neusser bei einem weiteren Ausfall aus dem Nieder- und dem Rheintor viele Waffen und Schießpulver des Feindes, dem sie auch wieder empfindliche Verluste zufügen können, woraufhin die Belagerer versuchen, die Außenbollwerke vor Rhein- und Obertor durch Gräben und Stollen zu zerstören.
Durch ständigen Brandpfeilbeschuss bricht am 2. Oktober 1474 in der Stadt ein Feuer aus. Ein kleiner Trost für die Neusser:
Auch im Lager der Burgunder bricht ein Feuer– vermutlich durch Funkenflug– aus. Die den Burgundern verbündeten Geldrer gelingt es bei einem Ausfall der Neusser am 14. Oktober 1474 zwei Bürger und einen Kriegsknecht gefangen zu nehmen, werden aber dabei von den Städtern gut "beklaut"
Am 3. November 1474 wiederum, machen ca. 300 Neusser einen Ausfall gegen die Genter, bei dem fünf Männer, ein "Fräulein" und zahlreiche Waffen erbeutet werden.
Nach genauer Vorplanung nehmen die Neusser den Kampf um die Gräben und Stollen am Obertor auf, während aber die Vorräte an Schießpulver und Pfeile zur Neige gehen. Tags darauf senden die eingeschlossenen zwei Boten mit einem dringenden Hilfegesuch nach Köln. Etwa 550 Kriegsknechte der Stadt Köln kommen daraufhin am 19. November 1474 mit neuen Pulvervorräten unbehelligt in die Stadt. Die Tage darauf werden ca. 30.000 (!) neue Pfeile geschnitzt.
Bei erneuten Ausfällen der Neusser aus dem Rhein-, aus dem Ober- und aus dem Niedertor, am Ende des Monats, entwickeln sich erbitterte Kämpfe mit hohen Verlusten auf beiden Seiten und es wird bereits begonnen, Gebäude und Scheunen, um Material für Bollwerke und Brandlegungen zu erhalten, abzubrechen.
Auch wird damit begonnen, das Vieh und andere Lebensmittel in der Stadt zu beschlagnahmen, um diese dann zuzuteilen. Aber trotz aller Entbehrungen lehnen die Neusser weiterhin Übergabeverhandlungen mit Karl dem Kühnen ab. Am Ende des Jahres gelingen einer großen Anzahl burgundischer Gefangener ein Ausbruch und die Flucht aus der Stadt.
Am Tag der hl. drei Könige des darauffolgenden Jahres, stürzt ein Abschnitt der äußeren Stadtmauer am Rheintor in den Stadtgraben. Jedoch wird der Feind durch ein Hochwasser gezwungen, am 20. Januar 1475, das Werd zu räumen. Kurz darauf errichten die Lombarden Bollwerke und zerstören die Bollwerke der Neusser, die die Stadttore schützen. Die Lütticher, die sich in der Stadt befinden, treiben den Belagerern Stollen entgegen, um so deren Absicht zu vereiteln, die Stadtbefestigungen zu untergraben.
Trotz der prekären Situation werden in der Stadt am 7. Februar 1475 Ritterspiele abgehalten. Dennoch ist die Versorgungssituation in der Stadt bereits so katastrophal, dass in den Stadtgräben nach Kräutern und Muscheln gesucht wird. Bereits seit Weihnachten wurde den Bürgern kein Fleisch mehr zugeteilt.
Am 14. Februar 1475 gelingt es, unter Führung eines Neussers, 24 Kriegknechten am Zolltor in die Stadt zu gelangen. Sie bringen die frohe Kunde des Kaisers, Friedrich III., dessen Absicht für Entsatz zu sorgen. Bereits am 18. Februar 1475 erscheinen auf der anderen Rheinseite Truppen der Stadt Köln, die sofort die Burgunder angreifen. Zwei Boten der Stadt, die am 7. März 1475 eine Nachricht an die Kölner Truppen überbringen sollen, ertrinken im Rhein.
Wenige Tage darauf, am 16. März 1475, treiben die Lombarden einen Stollen vor, und am 19. März 1475 gelingt es den Neussern mit einem Boot den Rhein zu überqueren und den Kölnern über die in der Stadt herrschende Not zu berichten.
Zwei weitere Tage später setzen ca. 200 Neusser mit Booten auf die der Stadt vorgelagerten Insel über und greifen die dort stationierten englischen Truppen an. Die Lombarden hingegen greifen das Rheintor, das die Neusser zwischenzeitlich in Quirinstor umbenannt haben, am 24. März 1475 an.
Vermutlich durch die Zuhilfenahme der Ortskenntnisse eines der entflohenen Gefangenen gelingt es den Burgundern in der nähe des Obertores den äußeren Graben trockenzulegen. Außerdem füllen sie am Rheintor den Stadtgraben auf und errichten Angriffstürme auf gleicher Höhe wie die Stadtbefestigung und arbeiten wieder an einem Stollen.
In der Stadt entsteht inzwischen große Uneinigkeit zwischen den Bürgern und Obmännern. Trotzdem wird beschlossen, den Stollen der Lombarden zu erstürmen.
Dieser wird dann auch am 8. April 1475 ohne eigene Verluste eingenommen. Tags darauf erhebt sich in der Stadt Aufruhr, der allerdings vom Landgrafen Hermann von Hessen durch einen Trick zerstreut werden kann. Im weiteren Verlauf des Monats kommt es zu erneuten massiven Attacken durch die Burgunder.
Es kommt zu erbitterten Kämpfe um Wälle und Bollwerke mit hohen Verlusten.
Die Neusser halten am 21. April 1475 in ihrer großen Not eine Prozession zum Obertor ab, benennen es in "Unser Lieben Frau Tor" um und geloben, in der dortigen Kapelle jeden Samstag eine Messe zu lesen. Noch am gleichen Tag schießen die Kölner von der anderen Rheinseite her eine hohle Kanonenkugel in die Stadt, die einen Brief mit der Nachricht enthält, dass die Stadt in Kürze befreit werden soll.
Die Feinde versuchen am 27. April 1475 erneut am Obertor in die Stadt einzudringen. An diesem Tag versuchen die Neusser vergeblich, auch den Kölnern einen Brief mit der "Kanonenkugelpost" zu "senden". An den weiteren Tagen erhalten die Neusser immer wieder "Post" in Form von Kanonenkugeln aus dem Kölner Lager, und am 8. Mai 1475 gelingt es den Neussern den Kölnern auf dem gleichen "Postweg" zu antworten.
Am 11. Mai 1475 erhalten die Neusser per Kanonenkugelpost die Nachricht, dass das kaiserliche Entsatzheer in Anmarsch ist. Am gleichen Tag noch ist das Heer Friedrichs III., das bei Zons lagert, von Neuss aus zu sehen.
Tags darauf zerstören die Burgunder die Kirche in Grimlinghausen und am 15. Mai 1475 stellen sie die Belagerungsarbeiten kurzfristig ein. Am 23. Mai 1475 rückt das Entsatzheer näher an Neuss heran.
Die unschöne Erfahrung einer heißen Fäkaliendusche müssen die Burgunder bei einem erneuten Angriff auf die Stadt machen.
Dann kommt es zu ersten Kampfhandlungen zwischen den Belagerern und den Kaiserlichen.
Doch schon am 28. Mai 1475 überbringt ein Herold des Kaisers der Stadt die Nachricht, dass ein zweitägiger Waffenstillstand vereinbart wurde woraufhin am 30. Mai 1475 ein Legat des Papstes in die Stadt kommt, um den zwischen Karl und Friedrich ausgehandelten Frieden bekanntzugeben.
Unter der Anwesenheit des päpstlichen Legaten, Vertretern des Kaisers und der Burgunder, unterstellen sich die Neusser am 5. Juni 1475 dem Papst und dem Kaiser, und geloben diesem die Treue. Am 10. Juni 1475 verlagert Karl der Kühne sein Heer an die Erft und nur einen Tag später wollen die Neusser bereits wieder burgundische Grafen, die sich in Neuss aufhalten, gefangen setzen, da es zu erneuten, ernsten Kampfhandlungen zwischen den beiden Parteien kommt. Außerdem bemächtigen sie sich burgundischer Schiffe, der Ladung auf einen Wert von 100.000 Gulden geschätzt wird.
Nachdem es am 16. Juni 1475 noch einmal zu heftigen Gefechten zwischen den beiden Heeren kommt, ziehen Karl der Kühne am 26. Juni 1475 und Kaiser Friedrich III. am 27. Juni 1475 nun endlich ihre Truppen ab.
Am 2. September 1475 kommt der Kaiser persönlich in die Stadt und schlägt 11 Männer zu Rittern. Der Stadt verleiht Friedrich unter anderem die Hanserechte, das Recht der Münzprägung und das Recht, den goldenen Reichsadler im Wappen zu führen.
Die Löwen als Schildhalter sind eine Zutat, die nicht zum eigentlichen Wappen gehören, sich aber eingebürgert haben und um 1637/38 zum ersten Mal erschienen sind.