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Von Westen und Osten her war der Neumarkt durch die Niederwallstraße und die Rheinwallstraße an die Nieder- bzw. Rheinstraße angebunden.
Diese Straßen entstanden zu Beginn des 19. Jh., als man nach dem Abbruch des Niedertores (1804) und des Rheintores (1816) die Wälle der Stadtbefestigung einebnete und den Mauerring teilweise abtrug, um so Raum für neue Baumaßnahmen zu schaffen.
Wurden hierbei die Fundamente und Teile des aufgehenden Mauerwerks des Befestigungsringes noch in die Wohnbebauung integriert, so machte die Neubebauung im Zuge der Umgestaltung deren weitgehende Beseitigung notwendig.
Besonders bedauerlich erscheint in diesem Zusammenhang der Verlust der massiven Fundamente der Bischofsburg, die Konrad von Hochstaden um die Mitte des 13. Jh. in Anbindung an das Rheintor errichten ließ, das zu dieser Zeit als erzbischöfliche Zollfeste diente. Der Abschluss des Rheinischen Städtebundabkommens führte dazu, dass die Burg wenige Jahre nach ihrer Errichtung 1255 niedergelegt wurde.
An diesen überaus bedeutsamen Abschnitt der Neusser Stadtgeschichte erinnern heute die ergänzten Reste eines Teiles des Stadtmauerzuges sowie die Benennung einer Stichstraße im Norden des Sanierungsgebietes in "Burggraben".
Gegen Ende des 12. Jh. wurde den Prämonstratenserinnen der Abtei Meer (bei Büderich) auf dem Glockhammer ein Hofgrundstück zur Verfügung gestellt, auf dem sie den "Meerer Hof" errichteten. Von diesem Hof ausgehend wurde die nach Norden zum Viehmarkt verlaufende Neugasse, später in Spulgasse umbenannt, angelegt.
Meer war ein adliges Frauenkloster, dem eine Meisterin vorstand. Erst in der Zeit der Säkularisation findet man den franz. Ausdruck „Abbesse“ für Äbtissin. Hätte man das franz. Wort für Meisterin = „Maitresse“ genommen, wäre es anrüchig gewesen.
Ihren Namen trägt heute eine im Rahmen der Sanierungsmaßnahmen angelegte Andienungs- und Erschließungsstraße, deren Lage jedoch der der ursprünglichen Spulgasse nicht entspricht. Desgleichen fand der "Meerer Hof" als Ortsbezeichnung für den neu bebauten südöstlichen Teil des Sanierungsgebietes Verwendung.
Der nach der Jahrhundertwende überwölbte und seither unterirdisch fließende Erftmühlengraben, der einst auch die nördliche Stadtbefestigung sicherte, wurde anlässlich der Neumarktsanierung vom Hausgrundstück Hafenstraße 3 bis zu seiner Mündung in das Hafenbecken 1 neu verrohrt.
Sein Verlauf wurde zum Teil verändert. Eine weitere Verbindung zwischen Neumarkt und Niederstraße, die Kastellstraße, ist jüngeren Datums. Sie wurde zu Beginn der fünfziger Jahre angelegt, nachdem der Umlegungsausschuß das Bodenordnungsverfahren im Umlegungsgebiet "4 Kastellstraße" durchgeführt hatte.
Seit der Säkularisation, insbesondere aber unter preußischer Herrschaft, war die Topographie des Neumarktviertels einschneidenden Veränderungen unterworfen. Nach dem Fortfall der Befestigungsanlagen bot der im Jahre 1846 inkraftgetretene "Bau-, Alignements- und Erweiterungsplan" die Grundlage hierfür.
Als erster Bebauungsplan in der Geschichte der Stadt Neuss schuf er nicht nur die Voraussetzungen für eine geordnete Erschließung des Umlandes, auch innerhalb des beengten historischen Stadtkerns sah er die Regulierung bestehender Straßen vor.
Nach der Entfestigung des nördlichen Neumarktviertels wurde sie als Verbindung zwischen der Niederstraße und der Rheinstraße neu angelegt. Leider wurde seinerzeit nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen, diese Straßenverbindung von vornherein als Beginn einer möglichen Ringstraße zu konzipieren, wie dies in anderen Städten nach dem Fortfall der Befestigungsanlagen geschah.
Auch in den folgenden Jahrzehnten wurden diesbezügliche Planungen verworfen, wodurch die Chance, stetig anwachsenden Verkehrsproblemen in der Innenstadt frühzeitig entgegenzuwirken, ungenutzt blieb. Entsprechend dem Bebauungsplan von 1846 entstand in der Rheinstraße auf deren westlicher Seite in den folgenden dreißig Jahren eine Anzahl neuer Wohnhäuser, nachdem man den Straßenzug geringfügig verbreitert hatte, da sie mittlerweile auch den Verkehr zu den neu erschlossenen Lagerplätzen vor dem einstigen Rheintor aufzunehmen hatte.
Weitere Verbreiterungen der Rheinstraße plante man in den Jahren 1925 und 1950, wobei die in einem Fluchtlinienplan vorgesehene Aufweitungsmaßnahme der fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts einen starken Eingriff in die bestehende Bausubstanz notwendig gemacht hätte. Demzufolge hätte die Breite der Rheinstraße in ihrem südlichen Abschnitt 10 m und in ihrem nördlichen 13 m betragen.
Die südöstliche Straßenseite wurde in ihrem ursprünglichen Verlauf belassen, da man mit Rücksicht auf die dort befindlichen Gebäude der historischen Klosterschule Marienberg auf einen Eingriff in die bestehende Bebauung verzichten musste.
Ähnlich wurde bei der Verbreiterung der Niederstraße im Jahre 1925 verfahren.
Hier war die Fluchtlinie der Westseite durch die Lage des Sebastinanusklosters vorgegeben, so dass man eine Anpassung der Fluchtlinien nur auf deren Ostseite vornehmen konnte.
Die Aufweitung der südlichen Seite des Glockhammers zur heutigen Breite wurde im Bodenordnungsverfahren zu Beginn der fünfziger Jahre durch den Umlegungsausschuß der Stadt Neuss vorbereitet, nachdem auch hier seit den zwanziger Jahren die Stadt auf dem Wege der Straßenlandabtretung in den Besitz eines Teiles des erforderlichen Terrains gelangt war.
Stand das Umlegungsverfahren im Gebiet "3 Glockhammer" noch im Zeichen der Verkehrserschließung des nördlichen Altstadtbereiches, so erkannte doch die Stadt Neuss, dass auf lange Sicht sowohl die Probleme des Innenstadtverkehrs wie auch die städtebaulichen Unzulänglichkeiten im Neumarktviertel nur durch eine großangelegte Bodenordnung einer Lösung nähergebracht werden konnten.