Latrinen und Co. |
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Das menschliche Bedürfnis …… |
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Eine "latrina publica" in Ostia Antica, der einstigen römischen Hafenstadt |
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Heute ist es nur noch peinlich bis lächerlich, wenn jemand öffentlich über seine Verdauung und Ausscheidung spricht. Auch ein geselliges Beisammensein auf der Toilette ist nicht mehr in, es könnten ja die Schamgefühle verletzt werden. |
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Früher war das ganz anders. Jahrtausendelang war die Entsorgung menschlicher Exkremente in der Natur etwas ganz Selbstverständliches. Wie bei den Katzen noch zu beobachten, bedeckten auch die Menschen ihren Kot mit Erde und Blättern, den Rest vollbrachte die Natur. Dass das heutige Neuss einst Novaesium hieß und durch die Römer erbaut und benannt wurde, weiß eigentlich jeder. Auch, dass die Römer viele kulturelle und wissenschaftliche Errungenschaften mitbrachten. Dem Klo! Dem Abort! Dem Donnerbalken! Dem Abtritt! Dem Scheißhaus! Glaubt es oder glaubt es nicht: Die Geschichte des Klo`s verrät so einiges über die Menschheit und darüber, wie sehr sie sich im Laufe der Jahrhunderte veränderte. Natürlich auch in Neuss! Die ersten Klos wurden in Neuss (wie könnte es anders sein?) durch die Römer gebaut und man kann behaupten: In den besseren römischen Kreisen herrschte bereits vor mehr als zweitausend Jahren eine Hochkultur des gepflegten Toilettengangs.
Während es in einem durchschnittlichen römischen Zuhause eher schlicht zuging - die Toilette bestand aus einem Fass, in das die Hausbewohner den Inhalt ihrer Nachttöpfe kippten - besaßen die Reichen großartige Privatklos. So richtig hygienisch waren diese Orte des gepflegten Geplauders allerdings nicht.
Im Vergleich zum Mittelalter war der Toilettengang bei den Römern auch in Neuss- jedoch ein Hort der Hygiene ....
(Fortsetzung folgt) |
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Das menschliche Bedürfnis ..... Die zweitausend Jahre andauernde Karriere des Klos.
Sogar eine Schutzgöttin für die Abflusskanäle und Kloaken gab es. Keine Ahnung allerdings, wie die ausgesehen haben und welcher Art Opfergaben man der Dame dargebracht hat Bleibt die Frage, womit wischte man sich eigentlich den Hintern ab? Die doch ansonsten hygienebewussten Römer nahmen (man traut sich kaum zu schreiben!) benutzten tatsächlich ihre Finger, später dann einen Stock, an dem ein kleines Schwämmchen befestigt war. Im Mittelalter wurden gerne Leinwandfetzen, Laub oder Stroh benutzt. Tja, das Mittelalter, der Donnerbalken und wie man Abhilfe schaffte, wenn man mal musste .. Mit dem Zerfall des Römischen Reiches war auch die gehobene Klokultur futsch. Es wird auch berichtet, dass Kaiser Friedrich III (jener Kaiser, dem die Neusser viele Privilegien verdankten) 1483 beinahe samt seinem Pferd im wahrsten Sinne des Wortes, in der Scheiße versank, als er die freie Reichstadt Reutlingen aufsuchte. Besonders übel genommen hat das niemand, weil städtischer Wohnraum knapp und Latrinen deshalb als völlig unnötig angesehen, ihr Bau sogar bestraft wurde. Der berühmte Maler Albrecht Dürer wurde durch die Nürnberger Stadtoberen gerügt, weil er sich heimlich eine Toilette in seine Küche (!!) eingebaut hatte. In Neuss wird es nicht anders gewesen sein. Wohnraum ging über Hygiene. Wer nicht, wie Dürer, zuhause aufs Klo gehen konnte, wich gerne auf menschliche mobile Klos aus. So ging es über die nächsten Jahrhunderte ..Die Klokultur trieb die seltsamsten Blüten. Den Vogel schoss dabei die Zeit des Barock und des frühen Rokoko ab. So z.B. mit dem Schloss Versailles des Sonnenkönigs Ludwig der XIV. Ein 2000 Zimmer Palast und nur ein einziges Klo (Letzte Fortsetzung folgt) |
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Das menschliche Bedürfnis Die zweitausend Jahre andauernde Karriere des Klos.
Zu Beginn der Neuzeit verbesserte sich die Klokultur nicht wirklich. Heute lacht man darüber, aber damals galt es als besonderes Privileg, eine Audienz während der königlichen Sitzung auf dem Leibstuhl zu erhalten! (Hinter vorgehaltener Hand nannte man ihn etwas despektierlich Kackstuhl ). Angesichts der Tatsache, dass die Klo-Kultur der Römer seit Jahrhunderten in Vergessenheit geraten war, mag es also zutreffen, dass die französischen Könige das Klo zum Sitzen neu erfunden haben. Bei pompösen Festen mit vielen tausend Besuchern waren besagte Kackstühle kaum von Nutzen. Der Einfachheit halber erleichterten die Gäste sich im Schlosspark. Seit es Toiletten gibt, sitzt man .allerdings nicht jeder. In den Städten hatte man sich im 19. Jahrhundert daran gewöhnt, sein Geschäft im Sitzen zu verrichten. Für Leute, die vom Lande kamen, war das neu. Geputzt wurde der Allerwerteste, wie bereits beschrieben, mit dem, was dem Volk billig, den Vornehmen teuer war. Im Mittelalter nahm man Leinwandfetzen oder Werg. Letzteres ist ein Abfallprodukt bei der Hanf- und Flachsverarbeitung. Weniger sanft ging es mit Stroh und Laub. Die Maitresse des französischen Sonnenkönigs, eine Madam Maintenon, verwöhnte ihren herrschaftlichen Allerwertesten allerdings mit parfümierter Schafswolle. Angefangen hatte alles mit einem Prediger dem Jesuiten Louis Bourdaloue. Sie erfanden die mobile Toilette!. Was heutzutage einige Museumsbesucher schnell als Sauciere aus feinstem Meißner Porzellan abtun, ist in Wirklichkeit so ein barocker Nachttopf, ein "pot de chambre".
Schmal in der Form, mit gerundetem Rand, praktischem Henkel und schnell zur Hand. Natürlich der Hand der Zofe! Diese hob bei Bedarf schnell die zahlreichen Unterröcke ihrer Herrschaft, und wartete, bis die Dame sich ihrer Notdurft entledigt hatte. Allerdings auch nicht sonderlich gepflegt! Parfum überdeckte unangenehme Gerüche, dicke Schichten von Talkum-Puder ließen die Gesichter beiderlei Geschlechtes weiß-blass aussehen. Rouge auf den Wangen sollte dem Adel wieder etwas Leben einhauchen. Vornehm ging die Welt zugrunde, von Toilettenhygiene jedoch hielt man nicht viel. Erst viel später erinnerte man sich wieder an die praktische Erfindung eines gewissen Sir John Harington. Seit wann sich in Neuss die Situation hinsichtlich allgemeiner Hygiene in der Stadt änderte, weiß ich leider nicht zu sagen. Ich denke aber, dass es sich in unserer Stadt nicht anders verhalten hat, als in vielen anderen Städten des damaligen Europas. 1. Statistisch verbringt jeder Mensch neun Monate seines Lebens auf der Toilette. 2. "Toilette" nannten die Franzosen den Vorgang des Ankleidens, Schminkens und Frisierens.
3. Unser Wort Klosett ist da weit älter und stammt vom Lateinischen claustrum ab, das eingesperrt bedeutet (vergleiche auch Kloster , Klause , closed ). 4. 00 : Diese Bezeichnung für die Toilette kommt aus dem 19. Jahrhundert, als sich die Toiletten in den Hotels meist in der Nähe des Aufzuges am Gang befanden. |
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Keimschleudern Antike Latrinen waren ekliger als gedacht. Die Latrinen der Antike galten lange Zeit als Musterbeispiel von Hygiene. Dieses Bild stellt jedoch eine neue Studie infrage.
Gestählte Körper, Schönheitskult, penible Hygienevorschriften: Unser Bild vom antiken Rom ist bestimmt von der Vorstellung eines Strebens nach Disziplin, Ordnung und Ästhetik und dennoch stanken die Toiletten dort sprichwörtlich bis zum Himmel.
Viele Menschen litten zum Beispiel an Darmkrankheiten, die von den Erregern in den Latrinen übertragen und ausgelöst wurden, analysierte der Anthropologe Piers Mitchell von der Universität Cambridge im Fachjournal "Parasitology". |
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