In fränkischer Zeit wurde Neuss aufgrund der hervorragenden Lage mit Hafen und Fähre, sowie der Kreuzung der großen Rheintalstraße mit West- und Ost- Straßen immer größer. In den Jahren 863 und 881 wurde die Stadt Opfer der Normanneneinfälle. Um die Mitte de 10. Jh. fiel Neuss an die Kölner Kirche. Die Bedeutung Neuss als kirchlicher Vorort reicht jedoch schon in die Karolinger Zeit zurück. 1962 legte Hugo Borger unter dem Quirinus-Münster die Fundamente einer karolingischen Kirche frei.
Die Kirche entwickelte sich von der Pfarrkirche zum Gotteshaus des Benediktinerinnenklosters um 950 n. Chr. Um diese Zeit begann, nach der Überführung der Gebeine des Märtyrers und Tribuns Quirinus von Rom nach Neuss, die Heiligenverehrung, die sich weit bis ins Hunsrück, nach Benelux und noch weiter hinaus verbreitete. Für das Jahr 1646 sind „große Wallfahrten, auch von ausländischen Völkern“ (nach Merian) nach Neuss bezeugt.
Die Wirtschaftskraft der Stadt war für ihre Entwicklung ebenfalls von großer Bedeutung. Der Weinhandel von der Mosel und dem Mittelrhein in die Niederlande, sowie die Landwirtschaft (Getreide- und Viehhandel) waren die Pfeiler des Wirtschaftslebens.
Ein Markt dürfte schon früh bestanden haben, wird jedoch erst für das Jahr 1138 erstmalig urkundlich bezeugt. Die Stadtwerdung Neuss ist in einer Urkunde für 1190 belegt. Im 12. Jh. entstand das Stadtsiegel mit dem hl. Quirinus und der Umschrift „Neuss, der heiligen kölnischen Kirche getreue Tochter“.
Mit diesem Siegel ahmte Neuss das stolze Kölner Siegel in Bild und Umschrift nach, und bezeugte damit das starke Selbstbewusstsein der Stadt. Über die Städte des Niederrheins hatte Neuss den Rang des Oberhofs über die Gerichte der Städte. Als wichtigstes Indiz der Stadtwerdung muss die erste Neusser Stadtbefestigung aus der 2. Hälfte des 12. Jh. gelten.
1474/1475 entfachte ein Krieg mit Karl dem Kühnen, dem Herzog von Burgund. Die Neusser kämpften gegen die Ausgliederung aus dem Deutschen Reich und widerstanden der Belagerung fast ein Jahr lang. Nach dem Abzug der Truppen wurden sie von Kaiser Friedrich III. für ihren Mut belohnt. Zollvergünstigungen, die Rechte einer Hansestadt, ein neues Wappen mit Reichsadler und Kaiserkrone, sowie das Münzrecht vergrößerten die Macht der Stadt und die Unabhängigkeit gegenüber den Landesfürsten.
Im späten Mittelalter erreichte Neuss mit dem Fernhandel von Woll- und Leinenprodukten, Brauereiprodukten, Honigkuchen und Lederwaren seinen Höhepunkt. Hauptsächlich handelten die Neusser, wie schon im Hochmittelalter mit Wein, Getreide und Vieh.
Vor allem die Hansestädte, Niedersachen, Westfalen, Mittel- und Süddeutschland, sowie Holland waren Hauptabnehmer der Handelsware.
Im 16. Jh. wurde Neuss im Kölnischen Krieg zwischen Bayern und Spanien durch die Spanier erobert. Zwei Drittel der Stadt wurden durch einen großen Brand 1586 vernichtet. Die Besatzung der mit Frankreich verbündeten Hessen von 1642 bis 1651 und die verschiedenen Kriege im Zeitalter König Ludwigs XIV. von Frankreich brachten Neuss in eine sehr schlechte finanzielle Lage.
Durch Kriegssteuern und die andauernde Besatzung wuchs die Schuldenlast erheblich an und schadete der weiteren Entwicklung der Stadt.
Der Standort Neuss verlor an seiner kirchlichen Bedeutung ebenso sehr wie den Handel betreffend. Seit Mitte des 17. Jh. wurde Neuss auf seine ackerbauliche Produktion reduziert. Erst im 19. Jh. konnte sich die Stadt wirtschaftlich erholen.
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Wallfahrten und Heiligenverehrung waren im Mittelalter besonders beliebt, vor allem wenn die gesellschaftliche Situation durch Krankheiten und Kriege beeinträchtigt war. In besseren Zeiten ebbten diese Pilgerströme dann wieder ab.
Die traditionellen Pfarrwallfahrten und Familienwallfahrten nahmen numerisch wie auch quantitativ ab bis zu einem absoluten Tiefpunkt in den sechziger Jahren. Um diesen alten Brauchtum wieder aufleben zu lassen, wurde z.B. im Jahre 1970 die Cornelius-Gesellschaft Neuss-Selikum e.V. gegründet.
Die Wallfahrt ist ein religiös motivierter Besuch von heiligen Stätten; sie ist in allen Religionen verbreitet aus der Überzeugung, die Gottheit sei an bestimmten Orten mehr zugänglich. Bei den Wahlfahrten brechen Menschen aus ihrer alltäglichen Umgebung auf, um Neues zu erfahren.
Dabei nehmen sie auch große Strapazen auf sich. Bei der Reliquienübertragung im 7. bis 9. Jahrhundert in Gebiete nördlich der Alpen dürften wahrscheinlich auch die Gebeine der Heiligen aus Neuss überführt worden sein.
Zeitlich etwas später 1164 wurden auch die Gebeine der Heiligen Drei Könige von dem Kölner Erzbischof und Reichskanzler Rainald Dassel (1159-1167 Erzbischof) nach Köln überführt. Ihnen zu Ehren baute man wenig später den Kölner Dom.
Die Tradition der Verehrung der "Vier Marschälle" wird in Neuss bis heute fortgesetzt. In der Stadt Neuss sind ihnen zu Ehren inzwischen vier Kirchen geweiht.
Alljährlich findet eine Quirinusprozession statt, die Corneliusoktav wird Anfang September abgehalten und viele Schützenvereine und Bruderschaften sind nach Antonius, Cornelius, Sebastianus und Quirinus benannt.
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