Der letzte Brauer in Neuss

Der letzte Neusser Altbierbrauer

Der Brauer Marcel Gossen ist der letzte Brauer in Neuss. Drei Jahre hat er bei Früh in Köln gelernt, zwei Jahre beim Schwelmer Brauhaus als Biersieder Erfahrung gesammelt, jetzt steht er alleine in der Verantwortung - und in einer langen Tradition.



Der letzte Neusser Altbierbrauer

Seit dem Mittelalter hat Bierbrauen in Neuss Tradition. Doch Neusser Bier, das einst ein Exportschlager der Stadt war und in vielen Hausbrauereien entstand, wurde von anderen Marken verdrängt.

Alles Handarbeit gleich säckeweise kommen die Zutaten in die Sudpfanne. In der Gaststätte "Im Dom" will Brauer Marcel Gossen mit "Doms Alt" an diese Tradition anknüpfen. Zum Hansefest schenkt er Neusser Bier im Hansedorf aus.

Wenn Marcel Gossen Bier braut, bleibt an dem Tag für andere Arbeiten keine Zeit.

Gut acht Stunden vergehen zwischen dem Maischen an der Sudpfanne und dem Abschlauchen des frischen Bieres in den Gärtank. 100 Mal im Jahr soll der 24-jährige Brauer in der Hausbrauerei der Gaststätte "Im Dom" einen Sud nach eigener Rezeptur des Hauses ansetzen, 100 Mal im Doppelsudverfahren 2000 Liter "Doms Alt" brauen.

Naturtrüb, mit 4,9 Prozent Alkohol.

Das ist das Ziel.

Mögen andere Brauereien auch mit Felsquellwasser locken, im "Dom" ist man zufrieden mit dem, was die Stadtwerke liefern.

"Einen eigenen Brunnen dürfen wir nicht bohren", erklärt Thomas Wiertz (46), der Besitzer des Dom.

Er betont gerne die Regionalität von "Doms Alt"; nur den Aromahopfen bezieht er aus Tettnang. Denn die Zeiten, als Hopfen in Neuss noch auf den Wällen der Stadtbefestigung angebaut wurde, sind längst Geschichte.

Die vier Sorten Gerstenmalz wiederum, aus denen im Sudhaus "Doms Alt" komponiert wird und deren Mischung das eigentliche Geheimnis des Geschmacks ist, liefern Thywissens Malzmühlen aus Köln.

Den Gipfel der Regionalität aber drückt für Wiertz die Zahl 40 aus. So viele Leitungsmeter legt das Bier zwischen Wasserhahn auf der einen und Zapfhahn auf der anderen Seite zurück.

"Das ist Heimat", sagt Wiertz.

Der Brauer Marcel Gossen ist der letzte Brauer in Neuss. Drei Jahre hat er bei Früh in Köln gelernt, zwei Jahre beim Schwelmer Brauhaus als Biersieder Erfahrung gesammelt, jetzt steht er alleine in der Verantwortung – und in einer langen Tradition.

Die Tradition Bierbrauen war bis Anfang des 20. Jahrhunderts reines Handwerk und damit Handarbeit. Erst die Möglichkeit, Bier länger haltbar zu machen, läutete das Zeitalter industrieller Brauweisen ein. Die Folge war vielerorts ein Massensterben der Hausbrauereien.

Mit der Entscheidung, wieder eine Hausbrauerei aufzubauen, setzte die Familie Wiertz bewusst einen entgegengesetzten Akzent. Sie wollte eine neue Seite in dem Buch der Neusser Braugeschichte aufschlagen, die sich ab 1339 nachweisen lässt. In Mittelalter und Neuzeit genossen die Neusser Brauer sogar einen so guten Ruf, dass Bier aus Neuss ein Exportschlager war und auch in Köln getrunken wurde.

Letzter Test: Bevor das junge Bier in den Gärtank kommt, wird es verkostet. Der Markt Altbier ist unter Druck. Während der Biermarkt im Vorjahr insgesamt boomte und die Brauereien nach Auskunft des Verbandes Rheinisch-Westfälischer Brauereien den Ausstoß um 5,5 Prozent erhöhen konnte, schrumpfte der Altbiermarkt stark.

Eine Ausnahme machte nur die Region Düsseldorf, Neuss, Mettmann. Dort legte der Altbierabsatz gegen den Landestrend zu. Für Klaus Wiertz ein klarer Beweis, dass Neuss und Altbier zusammengehören und Basis der Entscheidung, "Doms Gold" aus dem Sortiment zu nehmen und nur Alt zu brauen. Die Brauweise Obergärig ist auch "Doms Alt".

Damit wird im Wesentlichen bezeichnet, wo im Kessel die Hefe ihre Arbeit tut. Aber bis die ins Spiel kommt, hat Gossen schon viele Arbeitsschritte hinter sich. Immer wieder "spindeln": Mehrmals innerhalb des Brau- und Gärvorgangs muss Marcel Gossen den Zuckergehalt im Bier messen.

Foto: A. Woitschützke: Die Arbeitsschritte die Arbeit fängt für Gossen damit an, dass er vorgekeimte Gerste für "Karamalz dunkel" – eines der vier verwendeten Malze – selbst schrotet. Auch dadurch bekommt "Doms Alt" Individualität. Malz und Wasser werden in der Sudpfanne gemischt.

Enzyme verwandeln bei diesem Maischen die Stärke der Gerste in Zucker.

Zwei Stunden dauert das, sagt Gossen, der erst nach der Jodprobe weiß, "ob es geklappt hat oder ein Blausud droht". Drei weitere Stunden nimmt das Abläutern in Anspruch. Dabei werden Fest- und Flüssigstoffe voneinander getrennt. Die Flüssigkeit, Würze genannt, wird im dritten Arbeitsschritt unter Zugabe von Hopfen ("Für das leckere Bittere.") eine Stunde gekocht und so steril gemacht.

Durch Eindicken oder Verdünnen bestimmt Gossen nun die richtige Konzentration.

In einer Art Zentrifuge werden Feststoffe wie Hopfenreste, die Heißwürze, vom Bier getrennt, das abgelassen und dabei auf 18 Grad abgekühlt wird. So kommt das Bier in den Gärtank, wo die Hefe wartet, die innerhalb einer Woche den Zucker in Alkohol und Kohlensäure verwandelt.

Bier ist "Doms Alt" dann, richtig lecker noch nicht. In den Ausschank kommt es erst, wenn man ihm drei Wochen Zeit zum Reifen gegeben hat.








Bericht der NGZ vom 17.09.2011


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Mit freundlicher Genehmigung von: Thomas Wiertz


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